10.
Er wartete bis es draußen dunkel war, ehe er sich entschied, nicht länger auf Terrence zu warten und sich auf den Weg in die Bar machte, in der Terry mit ihm gewesen war.
Dafür nahm er sich ein Taxi.
In der Hoffnung seinen Begleiter vom Abend zuvor zu treffen, betrat er die Bar.
Er war nicht anwesend. Das war schnell zu sehen. Die Bar war, um diese Zeit kaum gefüllt und leicht zu überblicken.
An der Theke waren genug Hocker frei. Er nahm sich den nächsten und setzte sich.
Die Kellnerin kam.
»Was magst du?«
»Ein Wasser.« Antwortete er beiläufig.
»Das ist ein vernünftiger Einstieg in die Nacht. Nachwehen vom Vorabend?«
Er sah sie an.
Sie betrachtete ihn neugierig.
»Kann ich Sie etwas fragen?«
»Dich.«
»Was?«
»Kann ich dich was fragen, wir siezen uns im ›Aarans‹ nicht.«
»Ach so. Ja. Kann ich dich was fragen?«
»Kommt auf die Frage an.«
»Hast du gestern gearbeitet?«
Sie wirkte vorsichtig.
»Ja.«
»Okay gut. Ich war gestern, mit einem Mann hier, Terrence oder Terry, kennst du ihn?«
Jetzt schmunzelte sie.
»Du hast einen Filmriss?«
Er nickte widerwillig.
»Tut es mir Leid, nicht helfen zu können. Ich kann mich nicht an euch erinnern.«
»Wir waren hier, um einen Mann zu treffen. Er heißt Arkis.«
Sie hob die Augenbrauen.
»Ihm gehört der Laden. Hat er euch empfangen?«
»Ja, hat er. Terry kannte ihn.«
Das schien sie zu beruhigen, wie eine vertrauenswürdige Visitenkarte.
»Du hoffst Terry hier zu treffen?«
»Das war mein Gedanke.«
»Dann, würde ich sagen, bring ich dir mal dein Wasser. Falls er nicht kommt, habe ich eine andere Idee. Willst du auch was essen? Wir haben hier kleine Gerichte: Pizzen, Bratkartoffeln, solche einfachen Sachen.«
»Nein, erstmal nur das Wasser.«
»Okay.«
Sie ging und holte ein Glas und eine Flasche Wasser.
Das ging schnell, da sie kaum zu tun hatte.
Sie stellte beides vor mir ab und ließ mich in Ruhe.
Ich saß ein, zwei Stunden an der Theke und wartete, während sich um mich her die Bar füllte, das Stimmengewirr und die Lautstärke der Musik zunahmen.
Meine Kellnerin hatte jetzt gut zu tun. Da sie viele mit Namen begrüßten, wusste ich mittlerweile das sie Linda hieß.
Von Terrence gab es keine Spur.
Schließlich bestellte ich einen Whiskey. Es war, als verlange, nachdem die Nebenwirkungen verklungen waren, mein Körper nach einer weiteren Runde.
Zwei, drei Gläser später erschien plötzlich Arkis, hinter der Theke.
Ich erkannte das schmale Gesicht, das ein Ziegenbärtchen zierte und die wachen Augen direkt wieder.
Er tauschte einen kurzen Blick mit Linda, als hätte sie ihn gebeten nach mir zu sehen.
Er wirkte sehr entspannt, sehr ruhig, vertraut mit seiner Umgebung.
»Na zurück von den Sternen?« Erkundigte er sich mit einem verschmitzten Lächeln.
»Ja, wenn man das so nennen kann. Ich habe keine Erinnerung was gestern geschehen ist. Ich suche Terrence?«
»Keine Ahnung wo er ist. Kein Stammgast. Habe ihn gestern, mit dir, zum ersten mal nach langer Zeit wieder gesehen.«
»Ich muss ihn etwas fragen.«
Ich leerte meinen Whiskey, in einem Zug.
»Warum suchst du ihn?«
»Ist eine ziemlich verrückte Story.«
Er spürte, wie der Alkohol ihn redselig machte.
»Verrückt ist kein Problem. Ich beschäftige mich mein Leben lang, mit verrückten Fragen.«
»Was für Fragen?«
»Was ist der Sinn des Lebens? Was ist Wirklichkeit? Was ist gut und was ist böse? Solche Fragen eben. Sinnlose Fragen, weil man weiterlebt auch ohne sie zu beantworten. Im Gegenteil, man lebt besser, wenn man sie offen lässt.«
Er sah mein leeres Glas an.
»Willst du noch einen?«
Er nickte.
Arkis rief Linda.
Sie sah in ihre Richtung.
Arkis zeigte auf das Glas und macht mit seinem Zeige- und seinem Mittelfinger eine Zwei.
Sie verstand.
Arkis kam hinter der Theke heraus und setzte sich auf einen Barhocker neben Jim.
Das überbrückte die Zeit, zu den beiden nächsten Whiskey.
Linda stellte die Gläser ab und eilte weiter.
Das »Aarans« war mittlerweile gut besucht. Die Theke und alle Tische waren voller Gäste.
»Was machst du eigentlich?« Fragte mich Arkis. »Ich habe dich noch nie hier gesehen. Terry meinte du seist zu Besuch, in der Stadt.«
»Das stimmt ich mache hier Urlaub. Ich beschäftige mich mit Physik! Mit Dimensionen und Manifestationen auf unterschiedlichen Schwingungsebenen.«
»Das klingt kompliziert. Passt aber. Du siehst nicht aus, wie jemand der üblicherweise MDMA nimmt. Vertragen hast du es wohl auch nicht.«
Arkis sah ihn länger an.
»Du bist ein netter Typ. Aber du passt nicht hierher. Wie heißt du eigentlich?«
»Jim.«
»Okay Jim, dann schlage ich vor, du bist mein Gast, bis Terrence kommt. Falls nicht, fällt mir bestimmt etwas ein, wie wir ihn ausfindig machen können.«
Das klang nach dem ersten hilfreichen Angebot, seit ich auf der Erde gelandet war.
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