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Der Dicke an der Rezeption hatte nicht übertrieben: Die Gegend war heruntergekommen. Von den meisten Häusern bröckelte der Verputz von der Fassade oder war, über die Jahre so grau geworden, dass er wie eine Schmutzschicht wirkte und nicht, wie ein Anstrich.
Er befand sich in einem Viertel der Stadt, in dessen Häuser, die Miete der meisten Wohnungen, von der Fürsorge gezahlt wurden und in dessen Straßen sich kleine Läden aneinanderreihten, die sich gegenseitig Konkurrenz, um die wenige Kundschaft machten.
Gut besucht schien ein Kiosk, vor dem sich eine Gruppe Trinker versammelt hatte, um den Tag mit einem Flachmann zu beginnen.
Es nieselte leicht.
Er zog seinen Mantel enger, um die Schultern und neigte sein Kinn zur Brust, um sich gegen die feuchte Kälte einzuigeln.
Er lief, wie ihm der Mann von der Rezeption, empfohlen hatte, eine lange Hauptstraße entlang durch die der Morgenverkehr rauschte. In beide Richtungen der Fahrspur waren Autos und LKWs mit großer Geschäftigkeit unterwegs.
Für den Moment, fühlte er sich weitgehend sicher, auch, wenn er nicht wusste, mit welchen Mitteln, der Wächter ihn suchte und, wie die Abläufe auf der Erde beobachtet wurden.
Ihm war es nicht möglich, wie in seiner Heimatsphäre, durch Konzentration, zu wissen was er wissen wollte. Sein Zugang zum universellen Wissen war, für den Moment, blockiert oder dauerhaft abgebrochen. Er wusste was er sah oder schon immer gewusst hatte. Besaß aber keinen Zugang zum Wissen, welches außerhalb seiner persönlichen Erfahrungssphäre lag. Er nahm an, dass es an einer Barriere lag, welche die Erde vermutlich umgab. Es war sicher kein Zufall, dass man die Gefangenen hier her brachte. Zu jenem abseitigsten aller Planenten, der am Rand einer Galaxie lag, einer Galaxie, die selbst wieder am Rand aller Galaxien lag.
Er hatte im Verlauf seiner Existenz viele Lebensformen beobachtet, aber die Menschheit war die einsamste.
Es war nicht einfach, für ein Geschöpf, zu glauben, dass es das einzige war, im endlosen Schwarz, eines leeren Universums. Genau genommen war es unerträglich und gehörte wohl zu jener Bestrafung, welche sich die Wächter ausgedacht hatten.
Mittlerweile war er überzeugt, dass nicht alle Lebewesen, auf der Erde, vollständige Individuen waren. Einige schienen Replikate, um die Welt zu bevölkern und den Eindruck einer komplexen Umwelt zu erzeugen.
Zuerst war es ihm bei Katzen aufgefallen. Speziell schwarzen Katzen, die am wenigsten individuelle Merkmale zeigten. Für ihre Besitzer mochten sie etwas Besonderes sein, weil sie auf einen Namen hörten. Aber wer sie länger beobachtete, merkte, dass alle, eine durch die andere, hätte ausgetauscht werden können. Es waren die immer gleichen Muster.
Deshalb vermutete er, dass auch ein großer Teil Menschen Replikatoren waren, um den Gefangenen den Überblick über das tatsächliche Szenario zu nehmen.
Das diese Geschöpfe Klone waren, die über die Welt verteilt, die gleichen Funktionen erfüllten, schmälert ihren individuellen Wert nicht. Zumindest nicht für die Prüfungen und Bestrafungen, welche die Gefangenen zu bestehen hatten.
Die Replikatoren hatten noch einen weiteren Zweck: Sie waren gute Hüllen, für den Aufenthalt von Wächtern auf der Erde. Jedes, mit einer Persönlichkeit, entwickelte Individuum hätte, bei der Übernahme, durch eine fremde geistige Essenz, den Verstand verloren. Bei den kollektiven Geschöpfen war es kein Problem, wenn die Wächter, sie okkupierten.
Das menschliche Gehirn konnte zwischen zwei Funktionen wechseln: einem statischen: dem unbewussten Fühlen, welches einem festen Muster folgte: Zorn, Trauer, Begehren, Gehorsam und einem dynamischen: dem Denken und dem bewussten Wechsel zwischen Gefühlen.
Nicht alle Menschen nutzten beide Varianten. Der Großteil – und er vermutete, es waren alles Replikatoren – versetzte sein Gehirn in den Modus eines Dauerzustandes: sie waren immer glücklich, immer schwermütig oder wählten einen anderen Dauerzustand. Diese Exemplare waren perfekte Replikatoren.
Den komplexeren Geschöpfen genügte das nicht. Sie fingen immer wieder an zu denken und zu zweifeln, stellten Fragen, strebten nach Erkenntnis.
Mit dem Denken kam Dynamik in ihre Persönlichkeit aber auch die Gefahr der Verzweiflung.
Auch, wenn er seine Untersuchung erst begonnen hatte, ging er davon aus, dass die Gefangenen nicht in einen erwachsenen Menschenkörper transferiert wurden. Er nahm an, dass sie vor ihrer Entführung, in einen Zustand der Bewusstlosigkeit versetzt und in einen menschlichen Körper verpflanzt wurde, kurz bevor er geboren wurde.
Das brachte den Vorteil, dass sie lange genug, in einem Organismus gefangen waren, der sich nicht mitteilen und nicht fortbewegen konnte, sodass sie ihre Herkunft vergaßen und ganz zu einem Menschen wurden.
Das war eine Theorie. Er musste weitere Belege sammeln.
Endlich erreichte er die Innenstadt, die größer, schöner und freundlicher wirkte, als die Stadtteile und Straßen die er durchquert hatte.
Er entschied sich die Tipps des Dicken von der Rezeption zu ignorieren und einfach drauf zu zulaufen, wo es ihm gefiel.
So kam er in eine breite Fußgängerzone, in der überall bunte Lichterketten, an großen Bäumen, leuchteten und die Geschäfte alle bunt geschmückt und schön dekoriert waren.
Die Menschen feierten bald ein Fest, welches sie Weihnachten nannten. Soweit er es verstand, hatte ein Komet, die Geburt eines besonderen Menschen angekündigt, der Friede in die Welt bringen würde und den ein großer Teil der Menschen verehrte.
Er nahm an, dass damals zufällig die Ankunft des Wächters beobachtet worden war und sich die Wächter, diese Geschichte zunutze machten, um die Leichtgläubigen, in ihrem Sinn zu lenken. Die Hoffnung auf Erlösung und Friede, war in einer Welt, die auf Dualität beruhte, ein wundervolles Instrument für weitere Folter.
Er schlenderte durch die breite Einkaufsstraße, in der hell die Auslagen der Schaufenster strahlten. Rechts und links hasteten Passanten an ihm vorbei, die auf dem Weg zur Arbeit waren oder dabei ihre letzten Weihnachtsgeschäfte zu erledigen.
Es roch nach gebrannten Mandeln, Glühwein und Zimt. Er sah ein Grüppchen von jungen Menschen, die sich um eine kleine Bude versammelten, wie eine Gruppe Hummeln vor ihrem Bau. Sie hielten dampfende Getränk in ihren Händen.
Die Bude stand seitlich des Eingangs eines großen Kaufhauses, dass mit einem schützenden Vordach und angenehmer Wärme zum Betreten einlud.
Viele Menschen gingen ein und aus. Die hineingingen, vom Nieselregen durchnässt, mit leeren Händen, die herauskamen, frisch gewärmt und mit Einkaufstauschen behängt.
Er folgte dem Strom der Menschen die nach innen drängten und wurde aufgenommen vom geschäftigen Treiben, um sich her.
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The fat man at the reception had not exaggerated: the area was run down. The plaster of most houses was crumbling off the façade or, over the years, had become so gray that it looked like a layer of dirt and not like a paint.
He was in a quarter of the city, in whose houses, the rent of most of the apartments, was paid by the welfare service, and in whose streets there were rows of small shops that competed with each other for the few customers.
A kiosk seemed to be well attended, in front of which a group of drinkers had gathered to start the day with a hip flask.
It drizzled slightly.
He pulled his cloak tighter around his shoulders and tilted his chin to his chest to hedge himself against the damp cold.
He walked, as the man from the reception had recommended to him, along a long main street through which the morning traffic rushed. In both directions of the lane, cars and trucks were very busy.
For the moment, he felt largely safe, even if he did not know by what means the guardian was looking for him and how the processes on earth were observed.
It was not possible for him, as in his home sphere, to know what he wanted to know through concentration. His access to universal knowledge was, for the moment, blocked or permanently aborted. He knew what he saw or had always known. But he had no access to knowledge that lay outside his personal sphere of experience. He assumed that it was due to a barrier that probably surrounded the earth. It was certainly no coincidence that the prisoners were brought here. To the most remote of all planets, which lay at the edge of a galaxy, a galaxy that itself lay at the edge of all galaxies.
He had observed many life forms in the course of his existence, but humanity was the loneliest.
It was not easy, for a creature, to believe that it was the only one, in the endless black, of an empty universe. Strictly speaking, it was unbearable and probably belonged to the punishment that the guards had come up with.
In the meantime, he was convinced that not all living beings on earth were complete individuals. Some seemed replicas to populate the world and create the impression of a complex environment.
He first noticed it with cats. Especially black cats, which showed the least individual characteristics. They might be special to their owners because they listened to a name. But anyone who watched them for a longer time noticed that all of them, one by the other, could have been replaced. It was always the same patterns.
Therefore, he suspected that a large proportion of humans were also replicators in order to deprive the prisoners of the overview of the actual scenario.
The fact that these creatures were clones that fulfilled the same functions throughout the world does not diminish their individual value. At least not for the trials and punishments that the prisoners had to pass.
The replicators had another purpose: they were good shells for the stay of guardians on Earth. Every individual developed with a personality would have lost his mind when he was taken over by an alien spiritual essence. With the collective creatures, it was no problem if the guardians occupied them.
The human brain could switch between two functions: a static: unconscious feeling, which followed a fixed pattern: anger, grief, desire, obedience, and a dynamic one: thinking and consciously switching between feelings.
Not all people use both variants. The majority – and he suspected they were all replicators – put their brains in permanent mode: they were always happy, always melancholy, or chose a different permanent state. These specimens were perfect replicators.
This was not enough for the more complex creatures. They began to think and doubt again and again, asked questions, strived for knowledge.
With her thinking, dynamism came into her personality, but also the danger of despair.
Even though he had only just begun his investigation, he assumed that the prisoners had not been transferred into an adult human body. He assumed that before she was abducted, she was put into a state of unconsciousness and transplanted into a human body just before he was born.
This had the advantage that they were trapped long enough in an organism that could not communicate and move around, so that they forgot their origin and became completely human.
That was a theory. He had to collect more evidence.
Finally he reached the city center, which seemed bigger, more beautiful and friendlier than the districts and streets he had crossed.
He decided to ignore the tips of the fat guy from the reception and just walk towards it where he liked it.
So he came to a wide pedestrian zone, where colorful fairy lights shone everywhere, on large trees, and the shops were all colorfully decorated and beautifully decorated.
People soon celebrated a festival they called Christmas. As far as he understood, a comet had announced the birth of a special human being who would bring peace to the world and whom a large part of the people revered.
He assumed that at that time the arrival of the Guardian had been observed by chance and that the Guardians took advantage of this story to steer the gullible in their mind. The hope of salvation and peace was a wonderful tool for further torture in a world based on duality.
He strolled through the wide shopping street, where the displays of the shop windows shone brightly. To the right and left, passers-by hurried past him, on their way to work or doing their last Christmas business.
It smelled of roasted almonds, mulled wine and cinnamon. He saw a small group of young people gathered around a small booth, like a group of bumblebees in front of their burrow. They held steaming drink in their hands.
The stall stood on the side of the entrance to a large department store, which invited visitors to enter with a protective canopy and pleasant warmth.
Many people went in and out. Those who went in, soaked by the drizzle, with empty hands coming out, freshly warmed and hung with shopping exchanges.
He followed the stream of people who pushed inwards and was absorbed by the hustle and bustle around him.
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